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12.04.2023 16:04

"Zwischen Langeweile und Kreativität entsteht ein Weg"

Günther Herweg* aus dem Haus Engelbert hat über Jahre im Garten einen Rundweg angelegt

*Name von der Redaktion geändert

 

Aufgebaute Stein-Bauten, minimalistische Wegearbeiten, liebevolle Details – über die letzten sechs (!) Jahre hat Günther Herweg rund um die Apfelbäume seinen eigenen Weg angelegt. Er lebt seit einigen Jahren im Haus Engelbert. Das Wohnangebot für suchterkrankte Menschen liegt direkt an der Kölner Str., der B1, und verfügt über ein großes, idyllisches Gartenland, welches nahezu nahtlos ins Naturschutzgebiet übergeht. Parallel und nur bedingt abseits der vielbefahrenen Kölner Straße, die man beim Abschreiten des Weges immer weniger im Ohr hat, liegt die mit großer Kraft und Geduld angelegte Strecke. Unzählige Male hat Günther Herweg eine Schubkarre nach der nächsten mit Steinen, Holz und vielen weiteren Kleinigkeiten hierhergebracht. „In seinen Garten“ – so nennen es die Menschen um ihn herum. Er würde das nie sagen. Sowieso kann Günther Herweg mit der Aufmerksamkeit, die sein Gartenweg dieser Tage erhält nicht viel anfangen. „Ach, das ist doch gar nichts“, dürfte an diesem Nachmittag beim gemeinsamen Schlendern auf seiner Wegstrecke der häufigste Satz sein. Und doch bemerkt selbst der ungeübteste Landschaftsgärtner die vielen zauberhaften Elemente. 

 

ZU 1 – STEINKREIS

Hier hat Günther Herweg einen gefundenen Bottich eingegraben und mit den kleinen Findlingen eingefasst. Die aus Menschenhand gefertigte Verbindung aus Natur und künstlich angelegten Bau begeistert schnell. Erst Recht, wenn Günther Herweg beschreibt, dass durch das Mini-Biotop (neben diesem gibt es noch weitere) sogar Eidechsen wieder niedergelassen und ein Zuhause gefunden haben.

 

ZU 2 – GEHWEGPLATTEN

Auch hier hat die Arbeit die Natur wieder angelockt. Die Pflastersteine hat Günther Herweg „irgendwo gefunden und hierhergebracht“. Unweigerlich bleibt man stehen, verweilt und denkt sich, „so einfach können schöne Dinge entstehen“.

 

ZU 3 – BEET

Natürlich ist jetzt vor Ostern noch nicht alles bei voller Kraft, doch die angelegten Beete und der Weg (eingefasst mit gefundenen Steinen über bestimmt 50 Meter) versprühen bereits jetzt Frühlingsgefühle. Gleichzeitig stehen die vereinzelten grünen Farbsprenkler wie Frühboten für das, was sich hier in den nächsten Wochen entwickeln wird.

 

ZU 4 – LANDSCHAFT

Ein schlichter Metallstuhl, ein Aschenbecher – es braucht nicht viel Vorstellungskraft, wie Günther Herweg nach geleisteter Arbeit inmitten der Natur sitzt und seiner Aussage „hier therapiere ich mich selbst“ nachgeht. 

 

Motiviert habe ihn das täglich stattfindende tagesstrukturierende Angebot „Garten“. An zwei Tagen in der Woche wird dieses sogar von einer pädagogischen Fachkraft mit einer Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau angeleitet. Hier haben alle Bewohner:innen die Möglichkeit, Grundwissen zu lernen, Natur zu erfahren und den gesamten Garten mitzugestalten. Die Selbstwirksamkeit soll hier durch das selbständige „Pflanzen und Ernten“ ermöglicht werden. Bei Günther Herweg fiel es auf den sinnbildlichen fruchtbaren Boden. Er rückt seine Schirmmütze zurecht und resümiert: „Ich habe einfach angefangen, irgendwo zwischen Langeweile und Kreativität.“