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15.05.2018 09:05

"Ein glücklicher Bewohner freut mich den ganzen Tag"

Die Pflegekräfte Dirk Flohr und Julia Schwager aus dem Friedensheim im Interview
 

Am 12. Mai war Internationaler Tag der Pflege. Am Geburtstag von Florence Nightingale wird die Begründung der modernen Alten- und Kranken pflege gewürdigt, die in den 1830ern ihren Ursprung fand. Im Interview mit Julia Schwager und Dirk Flohr aus dem Friedensheim in Haan sprechen die beiden examinierten Pflegekräfte über ihre Motivation in der täglichen Arbeit, die guten und schlechten Momente in der Pflege am Menschen sowie den gesellschaftlichen Stellenwert der Pflege.

 

Frau Schwager, Herr Flohr, wie war Ihr Start in der Altenpflege?
Dirk Flohr (47): Ich wollte Menschen helfen, das war meine Triebfeder! Gemerkt habe ich das nach meiner Ausbildung zum Heizungs- und Lüftungsbauer, dieser Weg war gar nichts für mich. Unterstützung bekam ich von meiner Mutter und Schwester, die übrigens auch hier arbeitet. Anfangs wurde ich aber schon etwas belächelt für die Entscheidung.
Julia Schwager (23): Das kann ich bestätigen, ich habe auch viele schlechte Scherze abbekommen, ein Klassiker: Pflege sei ja nur Hintern abwischen. Auch ich habe erst eine andere Ausbildung zur Tierarzthelferin begonnen, doch die Entscheidung in die Altenpflege zu wechseln, habe ich nie bereut.

 

Das heißt, Sie mussten sich auch immer wieder gegen Vorurteile wehren?
Dirk Flohr: Ja genau. Pflege wurde, gerade in meinen Anfangsjahren in den 90ern, auf still, satt und sauber reduziert. Dabei ist der Beruf so viel mehr. Wir sind Bindeglied zwischen Bewohnern und Angehörigen, leisten Hilfestellung, sind aber auch einfach mal Zuhörer.
Julia Schwager: Ich denke, das liegt an der immer noch vorhandenen Unkenntnis über die Pflege. Anfangs war ich auch überrascht, was in der Ausbildung alles gelehrt wird. Von anatomischen Kenntnissen oder das Erkennen von Anzeichen für Krankheiten. Da herrscht Aufholbedarf.

 

Abseits aller Halbwahrheiten, was motiviert Sie bei Ihrer täglichen Arbeit?
Julia Schwager:
Was wir zurückbekommen! Wenn ich einen Bewohner glücklich machen kann, freut mich das selbst den ganzen Tag. Es ist die Verbindung zu den Menschen, für die ich arbeiten gehe, die Freude, die einem entgegengebracht wird und ganz klar auch die Dankbarkeit.
Dirk Flohr: Auch nach 23 Jahren habe ich noch Spaß am Beruf. Natürlich gibt es auch mal Nebengeräusche, doch wenn ich zusammen mit meinem Team Fortschritte bei einem Bewohner sehe, weiß ich, wofür ich das mache.

 

Sind das die besonderen Momente im Beruf?
Dirk Flohr: Ganz klar! Erst kürzlich kam ein Bewohner nach einem Schlaganfall zu mir auf den Wohnbereich in einem sehr schlechten Zustand. Jetzt läuft er mit Gehhilfe über den Hausflur, kann wie-der essen und schlucken – das ist wunderbar.
Julia Schwager: Ich arbeite ja im Bereich der Jungen Pflege, da haben wir es nochmal mit anderen Situationen zu tun. Wirklich schön war die Geschichte um eine Bewohnerin. Sie war mental und körperlich so angeschlagen, dass sie sogar offen über Sterbehilfe sprach. Dank der Pflege auf unserem Wohnbereich und einer mit Ärzten abgestimmten Therapie ist sie wieder selbstständiger. Jetzt hat sie sogar das Ziel, wieder eine eigene Wohnung zu mieten.

 

Bestimmt läuft es auch mal nicht so positiv, wie können Sie abschalten?
Dirk Flohr: Mir helfen mein Sohn und meine Frau, die selbst in einem Altenheim arbeitet, und Musik mit guten Texten. Ganz abschalten kann ich nicht, dafür bin ich zu sehr Mensch.
Julia Schwager: Bei mir ist es auch die Familie. Es hilft, über Situationen direkt zu reden, da muss man sich auch etwas selbst disziplinieren und darf das Päckchen nicht noch Stunden oder Tage mit sich herumtragen.

 

Angenommen, es käme eine gute Fee, welche Wünsche hätten Sie für Ihren Beruf?
Dirk Flohr: Mehr Zeit für die Bewohner, denn sie stehen im Vordergrund, sie haben es verdient. Daher müsste man am Stellenschlüssel arbeiten und auch die Dokumentation weiter vereinfachen. Hier sind wir zum Glück wieder auf einem besseren Weg, der Berg war schonmal höher.
Julia Schwager: Das stimmt, hier müssen sich Politik und die Kassen weiter bewegen. Ich würde mir auch wünschen, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt wird. Im Friedens -heim sind wir gut aufgestellt mit Hilfsmitteln. Das sollte überall so sein. Es gibt so viele wunderbare Erfindungen, die sollte man auch nutzen.

 

Neben Hilfsmitteln, was ist das Besondere im Friedensheim?
Dirk Flohr: Die Stimmung im Haus ist wirklich gut, das ist nicht überall so. Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die schon 30, 35 Jahre hier sind, das ist ein Qualitätsmerkmal für eine Einrichtung.
Julia Schwager: Dadurch wächst man wirklich zusammen. Ich empfinde das Arbeiten hier wie in einer zweiten Familie. Da gibt es auch mal ein paar Probleme, aber mit dem Team, den Bewohnern und Angehörigen haben wir eine schöne Verbundenheit.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Dirk Flohr

Pflege bedeutet für mich… ein wertschätzender Umgang mit Menschen.
Wenn ich alt bin… hat die Pflege hoffentlich einen anderen gesellschaftlichen Stellen wert.
Bei meiner Arbeit ärgert mich… wenn ich aus einem Gespräch mit Bewohnern rausgeholt werde.
Ich freue mich in meiner Schicht… wenn alle glücklich und zufrieden sind.
In zehn Jahren bin ich… hoffentlich körperlich noch so fit, dass ich meinen Job weiter-hin mit Leidenschaft ausüben kann.
Mein großer Traum ist… mit meiner Familie zu reisen und dass ich trotz Schichtdienst meinen Freundeskreis aufrechterhalten kann.

 

Julia Schwager
Pflege bedeutet für mich…
die Kombination aus Seele, Körper und Geist.
Wenn ich alt bin… hoffe ich, dass da noch Menschen mit Herz arbeiten.
Bei meiner Arbeit ärgert mich… der schlechte Stand in der Gesellschaft und die Krankenkassen.
Ich freue mich in meiner Schicht… wenn gutes Klima herrscht, das ist die halbe Miete.
In zehn Jahren bin ich… noch im Friedensheim und möchte in einer Leitungsposition Entscheidungen mit begleiten.
Mein großer Traum ist… Familie, Kinder und alle Wünsche mit meiner Arbeit unter einen Hut zu bringen, ohne dass sich jemand vernachlässigt fühlt.